Hörschnippsel Nr. 9

Im Zuge des Seminares zur Hörstückproduktion im Sommersemester 2024 entstand diese kleine Vertonung von Alfred Wolfensteins Gedicht Städter (1914). Es handelt sich dabei nicht um eine Rezitation, sondern es geht um die akustische Umsetzung der eigenen Ausdeutung. Wer mehr darüber erfahren will, wie diese entstanden ist, kann bei Lern es wie ein Bro, Digga II nachhören.

Alfred Wolfenstein (1914)

„Städter“

Dicht wie Löcher eines Siebes stehn
Fenster beieinander, drängend fassen
Häuser sich so dicht an, daß die Straßen
Grau geschwollen wie Gewürgte stehn.

Ineinander dicht hineingehakt
Sitzen in den Trams die zwei Fassaden
Leute, wo die Blicke eng ausladen
Und Begierde ineinander ragt.

Unsre Wände sind so dünn wie Haut,
Daß ein jeder teilnimmt, wenn ich weine.
Flüstern dringt hinüber wie Gegröhle:

Und wie stumm in abgeschlossner Höhle
Unberührt und ungeschaut
Steht doch jeder fern und fühlt: alleine.

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